aparigraha 08: Weniger (ein)packen

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Mitten in den Wicklow Mountains

Sommerzeit, Urlaubszeit. Die idealen Bedingungen um sich auf die Probe zu stellen in Sachen „minimalistisch leben“. Dank der physischen Grenzen des Koffers, passen nicht alle Kleidungstücke aus dem Schrank dort rein und für Übergepäck möchte man am Flughafenschalter auch nicht mehr zahlen. Meine erste und damit eindrücklichste Erfahrung mit viel bzw. wenig Gepäck zu reisen, machte ich vor knapp 7 Jahren auf meiner Pilgerreise entlang der Via de la Plata. Auch wenn wir damals nur 10 Tage zur Verfügung hatten, so schleppten wir uns gesamtes Hab und Gut auf dem Rücken über insgesamt 200 km. Und schon nach dem 2. Tag schickten wir ein Paket mit überflüssigem Gepäck zurück nach Deutschland.

Aktion „aparigraha“ im August: Weniger (ein)packenWas ist wirklich wichtig? Gedanken während des Laufens.

Wenn man sein gesamtes Hab und Gut täglich auf dem Rücken trägt, dann überlegt man sich sehr gut was wirklich wichtig ist und was nicht. Man mag es kaum glauben, aber jedes einzelne Gramm zählt hier und Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist. Da wird das zweite Paar Turnschuh zum Luxusgut, wenn es die Wanderschuhe tagsüber und die Flip-Flops abends auch tun. Klamotten hat man grundsätzlich immer zu viel dabei, nur um jeden Tag etwas Anderes tragen zu können. Wäsche waschen verkleinert die Garderobe und lässt alle Eitelkeiten beiseite. An Kosmetikartikeln reicht ein Seifenkonzentrat für alles, da bin ich zugegeben unkompliziert. Essen stundenlang mit sich rumschleppen macht keinen Sinn, so findet man immer irgendwo eine Bar, einen kleinen Supermarkt oder Obst an Bäumen. Wobei mich die Sorge nicht genug zu essen zu bekommen noch heute auf Wanderungen mit dem Rucksack oft heimsucht. Dagegen hilft Wasser. Man verhungert nicht so schnell wie man verdurstet, daher schlepp ich Wasser gerne mehr als weniger mit mir rum.

Aktion „aparigraha“ im August: Weniger (ein)packenMit Landlinien unterwegs

Die Pilgerreise auf der Via de la Plata war auch Auftakt für meinen Reiseblog „Landlinien“, den ich seither regelmäßig bespiele. Das Reisen mit wenig Gepäck, am Liebsten nur mit Rucksack und Kamera, macht mir am Meisten Spaß und zieht mich raus in die Ferne. Es ist ein mächtiges Gefühl Kilometer für Kilometer über die eigene Muskelkraft zu schaffen und einen Streckenabschnitt nur per Pedes in die Landkarte zu zeichnen. Wer von einem Ort zum nächsten geht lässt Erlebtes vergehen und hinter sich. Den Blick nach vorne gerichtet, dem Ziel entgegen, bis es nach einiger Zeit auch erreicht ist, auch Vergangenheit wird. Es gibt wenige Dinge, bei denen ich mich gleichzeitig so lebendig und vergänglich fühle wie beim Wandern in der Natur. Und deshalb muss ich auch immer wieder raus.

Aktion „aparigraha“ im August: Weniger (ein)packenMeine Packliste seitdem

Wenn eine neue Reise ansteht, weiß mittlerweile meist innerhalb von Minuten was ich brauche und hab in nicht mehr als einer Stunde gepackt. Der ein oder andere von Euch wird lachen und denken „Normal!“, aber weit gefehlt… das sah bei mir ganz anders aus, da war der Kleiderschrank auch noch 2 Meter breiter. Heute hab ich meine wenigen, ausgewählten Outdoorklamotten, die zu allen Wetterlagen passen und mit keiner Alltagskleidung der Welt mithalten kann. Ich weiß welche Schuhe bequem sind, egal wie sie aussehen, und welche nur gut aussehen und mich nicht weit tragen. Trotzdem kombiniere ich alles so miteinander, das ich nicht aussehe wie der Wander-Nerd aus Deutschland schlechthin, sondern fröhlich farbig wie in meinem Alltag sonst auch. Das was ich am liebsten trage ist dabei und kann jederzeit gewaschen werden. Den Luxus gönn ich mir im Urlaub. Bücher gibt es oft vor Ort in Hostels oder öffentlichen Bücherschränke, ansonsten macht ausländische Presse lesen auch viel Spaß. Das technische Equipment wurde auf das Wesentliche reduziert. Der Laptop bleibt zu Hause oder der neuen leichte 13-Zoll kommt mit. Das war es dann fast auch.

Aktion „aparigraha“ im August: Weniger (ein)packenWie das meinen Alltag beeinflusst

Nach jedem Urlaub mit wenig in der Natur, komme ich erholt und erleichtert wieder. Das merke ich oft dann, wenn ich wieder im Alltag in der Wohnung ankomme… immer noch viel zu viel Zeug. Das Auskommen mit wenig Dingen im Urlaub motiviert mich dann aber dazu, dasselbe zu Hause fortzusetzen und mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Statt verschiedenen Duschgels und Cremes, gibt es jeweils nur eine Variante, die ich besonders gerne mag und die hochwertig ist. Die Klamotten im Kleiderschrank reduzieren sich immer mehr auf das Wesentliche, so dass ich viel weniger Zeit brauche um darüber nach zu denken was ich anziehen soll. Was im Urlaub geht, geht eben auch zu Hause.

Aktion „aparigraha“ im August: Weniger (ein)packenKontrastprogramm: mit der Familie in Holland

Dass dies nicht für jeden selbstverständlich ist, wurde mir bei einem meiner letzten Kurzurlaube mit der Familie bewusst. Meine Mutter, meine Schwester und ich fuhren für ein verlängertes Wochenende (3 Übernachtungen) Anfang Juli an die niederländische Küste von Zeeland. Mein Gepäck: ein 50 Liter Rucksack locker gepackt. Ihr Gepäck: ein voller VW Touran mit eng gepackten (gefühlt) 15 Taschen. „Wir sind nur 4 Tage unterwegs!“, murmelte ich während ich meinen Rucksack in die letzte offene Ecke quetschte. Wie sich im Laufe unseres Urlaubs herausstellte, verbarg sich in den Koffern und Taschen (neben Lebensmitteln für 2 Wochen Urlaub), eine Garderobe für jede Eventualität, was dazu führte, dass meine Mutter vor Beginn jedes Ausflugs mindestens 20 Minuten extra brauchte, um zu überlegen was sie denn nun anziehen könnte. „Gehen wir nach dem Strand noch in die Stadt? Dann würde ich meine feinen Schuhe auch noch einpacken.“ Weitere 20 bis 30 Minuten gingen jeweils für die jeweilige Beauty-Session von Mutter und Schwester drauf. Hier etwas Haarschaum, da etwas Puder, Parfum, Rouge und dann noch Haarspray. Als Beide dann parallel noch ihr Frisur von hinten mit einem jeweils eigens mitgebrachten „Rückspiegel“ betrachteten, flippt ich innerlich kurz aus und verfiel dann in einen Dämmerzustand, vor lauter Warterei auf der Couch.

 

Vorsätze für 2016 machen

Über die Aktion „aparigraha“

Mein Vorsatz für das Jahr 2016 ist, endlich mal auszusortieren und innerlich „klar“ zu werden. Ich beschäftige mich dabei verstärkt mit „aparigraha“, dem sich Freimachen vom Materiellem und Horten von Dingen, eines der 5 Yamas der Yoga-Sutras von Patanjali. Jeden Monat werde ich mir ein neues, eigenes Thema vornehmen, Ziele setzen und diese innerhalb der 4 Wochen umsetzen. Der Plan ist, Stück für Stück zu entrümpeln, bis ich mich später im Jahr von meiner Wohnung trennen und mich verkleinern werde.

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