Oma, Du fehlst
Liebste Oma, der Eintrag im Kalender erinnert mich daran, dass Du vor drei Jahren von heute auf morgen eingeschlafen bist. Ich hatte das Glück in Deiner Nähe zu sein und Dich noch einmal berühren zu können, bevor Dich Fremde abgeholt haben. Deine Hand war noch ganz warm, Deine Gesicht entspannt. Wie sehr hattest Du Angst vor Schmerzen. Wie sehr hast Du Dich danach gesehnt friedlich einschlafen zu können. Dieser Wunsch wurde Dir erfüllt, und auch wenn ich in diesem Moment unfassbar traurig war, war ich gleichzeitig glücklich für Dich. Es war abzusehen, nicht plötzlich, dass Du von uns gingst, und doch kam es mir viel zu früh vor. Ich wollte Dir noch soviel erzählen und noch soviel von Dir lernen. Du warst immer an meiner Seite, von der ersten Stunde als Deine erste Enkelin. Da wo mir im Alltag manchmal Liebe fehlte, fand ich Verständnis und Zuversicht bei Dir.
Da wo andere ratlos waren, hattest Du immer eine Idee, auch noch mit 90 Jahren.
Du hattest oft die richtige Antwort und warst mir dann näher als Menschen in meinem Alter. Oft hatte ich das Gefühl, dass wir aus dem selben Holz geschnitzt waren, bis heute. Unsere beider Leben ist geprägt durch ein Leben ohne Vater und mit starken Frauen. Das Leben hat Dir dafür ein Schar von Großenkelkindern geschenkt, in deren Anwesenheit Du jedes Mal aufgeblüht bist, und mir einen gesunden Sohn. Was hätte ich ihn Dir gerne gezeigt… Wäre es ein Mädchen geworden, hätte ich sie nach Dir benannt. Aber das ist im Grunde auch nicht wichtig. Wichtig ist, dass Du immer bei mir bist, ein großer Teil meines Herzens, lebendig durch die Erinnerung. Ich vermisse Dich.
Die Lebensgeschichte meiner Oma habe ich 2016 in meine Diplomarbeit „Lebensspuren“ aufgenommen. Im Buch habe ich ihr ein ganzes Kapitel gewidmet. Heute bin ich sehr froh, dass ich sie mir damals bereits ihre gesamte Lebensgeschichte erzählt hat und ich diese dokumentieren durfte.
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